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St. Barbaras Segen
Der Firmengründer Martin Albrecht sen. war seit 1925 durch einen Unfall mit Ammoniak vollständig erblindet und konnte seine Söhne nicht mehr tatkräftig unterstützen. Um ein Haar hätte das traurige Schicksal des Vaters auch seinen ältesten Sohn Ernst ereilt.
Von 1940 bis 1947 betrieb man im Bächental auch den Untertagebau: Zwei Stollen mit etlichen querschlägigen Strecken hatte man angeschlagen – die schlechte Standfestigkeit des Ölschiefers erforderte ein aufwendiges Abpölzen mit Grubenholz. Wieder einmal sollte Ernst im Stollen für Nachschub an Ölschiefer sorgen. Er schnappte sich den Handpressluftbohrer, der über eine 140 Meter lange Leitung mit dem Kompressor unten in der Brennerei verbunden war, und bohrte das Loch für die Sprengladung.
Sorgfältig legte er die Pulverzündschnur aus, wie er es schon unzählige Male getan hatte, zündete sie mit einem Sturmfeuerzeug an und brachte sich draußen, weit genug vom Stolleneingang entfernt, in Sicherheit. Eine Detonation war jedoch nicht zu hören – ein „Versager“. Nach einer angemessenen Wartezeit, die in solchen Fällen vorgeschrieben war, kehrte Ernst in den Stollen zurück, um mit einer „Räumkratze“ die Füllung zu entfernen und eine neue Schlagpatrone zu setzen. Nach dem Anzünden der Zündschnur wartete man wieder außerhalb des Stollens, bis der Schuss zu hören war. Nachdem sich der „Bojan“ (Sprenggas) verzogen hatte, stürzte Ernst in den Stollen – plötzlich ein höllisches „Krachen“. Von der Druckwelle erfasst und von Gesteinsbrocken getroffen, taumelte er verzweifelt ins Freie. „Ich bin blind, ich bin blind“, schrie er vor Schmerz.
Die nachträglich eingebaute Schlagpatrone hatte aus unerklärlichen Gründen nicht die Hauptladung ausgelöst, sondern nur die Zündschnur der Hauptladung reaktiviert. Seine Brüder waren bereits mit der Seilbahn nach Achenkirch unterwegs und konnten seine Hilferufe nicht mehr hören. Blutüberströmt versuchte er, den Weg zur Seilbahnstation am Gröbner Hals zu finden – doch die Gesteinssplitter hatten sein Gesicht und vor allem sein rechtes Auge so schwer verletzt, dass Ernst schon nach wenigen Metern nichts mehr sehen konnte. Gott sei Dank wurden seine Hilferufe von einem „Almerer“ gehört, der am Tiefenbacher-Hochleger seine Pfeife vergessen hatte und deshalb in der Nähe war. Er brachte ihn zur Bergstation der Seilbahn und im Tal angekommen, fuhr die Rettung in die Innsbrucker Klinik. Nur im rechten Auge steckte noch ein feiner Ölschiefersplitter, der so ungünstig lag, dass die Ärzte keine Chance sahen, ihn zu entfernen.
Nach einigen Tagen teilte der Primararzt Ernst mit: „Herr Albrecht, morgen müssen wir Ihnen das Auge entfernen – es ist nicht mehr zu retten!“ Ernst wollte das nicht wahrhaben und flüchtete trotz der heftigen Bombenangriffe der Alliierten mit dem Zug nach München in die Klinik. Dort angekommen, ging er durch einen langen, halbdunklen Flur, der nur notdürftig beleuchtet war, weil wieder einmal der Strom ausgefallen war. Da kam ihm ein Arzt entgegen – Ernst schilderte verzweifelt seine ausweglose Situation, worauf der Arzt, beeindruckt von der Willenskraft und dem Mut des Tiroler Bergmanns, sagte: „Sie hat wohl ein Engel zu mir geschickt“. Wie sich herausstellte, gehörte dieser Arzt zur Weltspitze der Augenheilkunde. Ernstls Augenlicht konnte gerettet werden.